Juden in Bleckede

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Die viel erzählten Witze hierüber, wie je nach Willkür des Amtsschreibers bzw. Geldbeutel des Juden ein ,,Hosenträger" oder ,,Rosenthal" das Amt verließ, entsprechen leider der Wahrheit, häufiger jedoch nannten sich die Juden anfangs nach ihrem Ursprungsort (z. B. Bleckede 24) oder nach dem Vornamen ihres Vaters (u.a. ebd. 10). Anfangs wurden die Nachnamen noch sehr flexibel gehandhabt, so daß ohne weiteres zwei Brüder völlig verschiedene Zunamen annahmen oder daß ein und derselbe Jude im Laufe seines Lebens seinen Namen änderte (,,Behrens Isaac Blumenthal, vorher genannt Philipp Isaac Hertz" in Hitzacker).
Bei den Vornamen ist es in der Regel (leider sind die Ausnahmen häufig) Usus, den hebräischen Namen amtlich entweder klanglich (Mosche-Moritz) oder inhaltlich (Schlaume-Salomon) umzusetzen, wobei der Phantasie jedoch vielfach keine Grenzen gesetzt sind (Naomi-Nannette). All dies erschwert es ungemein, die Identität eines Juden in den uns heute noch erhaltenen Akten mit einem vorhandenen Grabstein gleichzusetzen und einwandfrei festzustellen.
Das Judentum kennt zwei ,,Adelsgeschlechter", die sich seit Jahrtausenden auf die Söhne vererben und noch heute gewisse religiöse Besonderheiten bedingen: der Stamm der Cohen, der sich von Aharon, Mosches Bruder, ableitet und die Priester für den Jerusalemer Tempel stellte, sowie der Stamm Levi, der die niederen Priesterdienste versah. Schon von weitem erkennt man die Steine der männlichen Nachkommen der Cohanim (= Plural von Cohen) dadurch, daß auf ihnen die zum Schin-Zeichen (Anfangsbuchstabe für ,,Schaddai", einer Abkürzung für einen Namen Gottes) zusammengelegten segnenden Hände dargestellt sind, dem sogenannten Priestersegen; auf unseren Friedhöfen sind dies durchweg Angehörige der Familie Behrens. Bei weiblichen Nachkommen wird nur bei der Nennung des Vaters auf das Geschlecht hingewiesen (so z. B. Uelzen Nr. 24 - Cohen oo Levi!). Das sonst vielfach verwandte Symbol der Kanne für einen Leviten findet sich jedoch auf keinem der hier besprochenen Steine.
Auch die Titulierungen sagen etwas über ihren Träger aus. So finden wir vielfach die Bezeichnung ,,Rabbi" (= mein Meister), häufig in Abkürzung, auf den hebräischen Inschriften; hier handelt es sich keineswegs immer um einen Rabbiner der Gemeinde (dieser bekommt die Bezeichnung ,,Morenu, ,,unser Lehrer", s. Uelzen Nr. 24), sondern einzig um die Erwähnung der Gelehrsamkeit des Verstorbenen. Als weitere Bezeichnungen finden sich hier ,,Alluf" (Gerneindeführer) sowie ,,Chaver" (Kamerad, Beisitzer). Ein Gemeindeführer (s. Dannenberg Nr. 28, 29, 30, 31, 33) war gleichzeitig Vorsitzender des jüdischen Gerichtshofes, in dem innerjüdische Streitigkeiten gerichtet wurden. Zu einer derartigen Jurisdiktion gehörten jeweils drei Beisitzer (Chaverim), von denen z. B. auf dem Dannenberger Friedhof zwei namhaft gemacht werden (Nrn. 19 und 32).
Bei der Ubersetzung füllt auch ins Auge, daß - vor allem bei den Frauen - die Bezeichnungen für ,,Frau" immer wieder in verschiedenen Ausdrücken aufeinander folgen, wobei versucht wurde, jedem Ausdruck eine andere Übersetzung zu geben. Dabei handelt es sich jedoch keineswegs um Titel, sondern allein um Ehrbezeugungen.

Zu den Daten

Dem Laien füllt bei Durchsicht der Übersetzungen sofort die eigentümliche Datierung auf den hebräischen Inschriftseiten auf. Die Wochentage, in der Übersetzung gleich umgesetzt, lauten hebräisch: ,,1. Tag (= Sonntag), 2. ... 6. Tag, Schabbath.

 

 

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